Wenn es schlau ist, sich dumm zu stellen - Die Rügeobliegenheit im Vergaberecht

摘要

Dass die Rechtsordnung an die Nichterfüllung oder verspätete Erfüllung von Anzeigepflichten einen Rechtsverlust knüpft, ist nicht ungewöhnlich. So ist es etwa im Zivilprozessrecht nach § 295 I ZPO bei Verfahrensrügen, im Handelsrecht nach § 377 HGB bei Mängelrügen oder im Bauvertragsrecht nach §6 I VOB/B bei Behinderungsanzeigen. Für den Vergaberechtsschutz nach dem GWB gilt in Deutschland die Präklusionsregelung des § 160 Ⅲ GWB. Erkennt ein Unternehmen Fehler im Vergabeverfahren oder sind solche aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen erkennbar, muss das Unternehmen diese zunächst gegenüber dem Auftraggeber rügen und ihm so Gelegenheit zur Fehlerkorrektur geben. Geschieht dies nicht oder verspätet, ist das Unternehmen mit der Rüge in einem späteren Vergabenachprüfungsverfahren präkludiert. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Rügeobliegenheit unnötige Vergabenachprüfungsverfahren vermeiden. Außerdem soll verhindert werden, dass Unternehmen auf Vergabefehler spekulieren, das heißt die „Spielregeln" des Verfahrens erst in Frage stellen, wenn das Verfahren zu ihren Ungunsten ausgegangen ist. Die Rügeobliegenheit ist daher auch Ausdruck des Gebots von Treu und Glauben, das in der von gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten geprägten Sonderverbindung zwischen Auftraggeber und Bewerber bzw. Bieter gilt.